Einfach mal nichts tun in Phlegmarama
Auf der Brache hinter dem Güterbahnhof haben sich Künstler und solche, die es werden wollen, einen Abenteuerspielplatz eingerichtet
Von Alena Hecker Bahnhofsvorstadt. Die Oase wächst. "AufAuf", das vom Autonomen Architektur Atelier (AAA) initiierte Projekt zur temporären Nutzung der Brachfläche nahe dem Güterbahnhof, zieht stetig neue Schaulustige und Gäste an. An einem Sonnabend stand "AUFmucken" auf dem Programm: Bremer Bands rockten die Brache bis kurz nach Mitternacht.
Florian Oberlechner steht auf dem 15 Meter hohen Turm aus Baugerüsten und prüft seine Ausrüstung. Der Musiker, der mit einem Teil seiner Band "Flow Job" auftritt, ist spontan hergekommen. Ein Freund, der ebenfalls auf der Brache spielen wird, hat ihn eingeladen, Florian Oberlechner sagte zu. "Wir machen öfter so Hauruck-Aktionen", sagt er und grinst.
Während Florian Oberlechner und Sängerin Nadine Scheffler sich bereit machen für den ersten Auftritt, herrscht auf dem Rest der Brachefläche reges Treiben. Eine Reisegruppe wird gerade von Gertrud Schleising über ihr "Lanzarote" geführt, einer Nachahmung der Vulkaninsel zwischen Schrott und Schienen.
Hungrige Grillfreunde pilgern nach "Phlegmarama". "In unserem Land hat man die Erlaubnis, sein Phlegma pflegen zu dürfen", erklärt Beate Vogg, die es sich auf einer Sonnenliege aus Matratzen mit Plastiktütenbezug bequem gemacht hat. "Einfach mal nichts tun" laute das Motto in ihrem Traumland auf der Brache.
Die Kunst- und Kulturvermittlerin aus der Neustadt hat gerade ihr Studium beendet. Ihre Freundin Doreen Seefeldt, die sich in die selbstgeknüpfte Hängematte zurückgezogen hat, macht eine Ausbildung zur Psychotherapeutin.
"Wir haben gerade total viel zu tun, deshalb ist es ja so wichtig, sich auch mal Zeit zu nehmen", findet Beate Vogg. Seit ein paar Tagen sind die beiden Bremerinnen dabei, sich ihre eigene kleine Oase zu erschaffen. "Auch in den Tagen, wo es immer so geregnet hat, war es total schön hier", erzählt Beate Vogg. Alle hätten sich zusammen untergestellt, seien ins Gespräch miteinander gekommen. Und auch in "Phlegmarama" gelte: "Unser Ziel ist es, die Kommunikation anzuregen." Und sei es beim Grillen.
Auf dem Turm steht derweil Flow Job bereit für den ersten Auftritt an diesem Abend. "Verstörend" nennt Florian Oberlechner seine Musik, "aber sie soll auch schön sein." Lieder und Texte komponiert der Wahlbremer aus Österreich selbst. Österreichische Kultur stecke darin, "viel Rock, auch Techno oder indische oder arabische Einflüsse". In Begleitung seines Akkordeons singt der freischaffende Musiker aus der Neustadt über Liebe, Probleme im Alltag oder die Politik - bei "Flow Job" ist alles erlaubt, was gefällt.
Vielleicht befindet Florian Oberlechner auch deshalb die "AufAuf-Aktion" des AAA für gut: "Das ist so schön trashig." Eben ähnlich spontan und experimentell wie seine Musik, etwa, wenn er gemeinsam mit seiner Partnerin Nadine Scheffler seine Liebe zu einem Stück Fleisch besingt, das saftig und duftend auf dem Teller liegt. Das Publikum dankt es ihnen mit Gelächter. Und während "Flow Job" von Depression und Deflation singt und wie alles den Bach runtergehe, versinkt langsam die Sonne hinter den Bahngleisen und taucht die Brache in rotes Licht - ein weiterer Tag in der selbstgebauten Oase ist vergangen.
Zu "AufAuf" sind alle eingeladen, die Ideen haben, wie man die Brache hinter dem Güterbahnhof anders nutzen kann. Noch bis Sonntag, 26. Juli, ist die Fläche zum Experimentieren freigegeben. Mehr unter www.aufauf.blogger.de.
© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Mitte Seite: 5 Datum: 20.07.2009
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Lars Klatte von Kabeezo Internet Video hat einen kurzen Filmbeitrag produziert, der einen klitzekleinen Eindruck wiederspiegelt, was alles in den vergangenen drei Wochen mit wenigen Mitteln entstehen kann und möglich ist. Auf einer vergessenen Brache mitten in der Stadt.
foto: occam
Aber auch andere filmten auf der Brache. Auf dem Foto ist Daniel Telkmann zu sehen, der das AAA schon letztes Jahr im Sommer 2008 zusammen mit Karen Kischkel auf der b.a.l.d. begleitet hat.
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Am kommenden Freitag geht es schon wieder weiter mit Programm auf AUFAUF.
Zu einer AUFlesung auf der Brache begrüßen wir die lokalen AutorInnen Janine Lancker, Sönke Busch und Oliver Hasemann, die schon im vergangenen Jahr in der Überseestadt im Rahmen von b.a.l.d. die ZuhörerInnen zu begeistern vermochten. Verstärkung bekommen sie von zwei Überraschungsgästen und einer musikalischen Untermalung, wie es auch im Anschluss an die Lesung noch Musik geben wird für alle Zuhörerinnen.
Vor der Lesung führt die Bremer Künstlerin Gertrud Schleising persönlich durch ihre Installation Lanzarote und über die weitere Brache. AUF Lanzarote beginnt am Freitag um 19:00h, so dass alle TeilnehmerInnen bequem zur anschließenden Lesung auf der Insel verweilen können. Als Einstimmung auf diesen Leseabend sind alle BesucherInnen der Brache eingeladen eigene Bücher mitzubringen, die sie auf der Brache eintauschen können.
foto: norbert hayduk
SAMSTAG 18.07.2009
Am Samstag Abend ist es dann eine wissenschaftlicher Spaziergang mit der Landschaftsökologin Ute Schadeck, die den TeilnehmerInnen die Pflanzenwelt und ihre Überlebensstrategien auf verlassenen Industrieflächen nahe bringen wird.
AUFblühen startet um 20:00h.
AUFflackern IV
Ab ca. 21:00h sind es dann wieder Filme, die die BesucherInnen in ihren Bann schlagen. Dieses Mal sind es diverse Kurzfilme, die auf Brachen entführen, die Zwischennutzungen zeigen, die experimentell sind oder die einfach in Bremen spielen. Zu diesen Filmen gehört der Gewinnerfilm des diesjährigen Kurzfilmfestivals "Paradies vor Ort" der Medienwerkstatt Schlachthof, „We could be living like kings“ von Linde Schröder und Tilman Rößler. Und „Eine andere Welt ist pflanzbar“ der Pullacher Filmemacherin Ella von der Haide.
AUFflackern IV - Die Kurzfilmnacht in Kooperation mit dem Filmbüro Bremen. Vielen Dank an Saskia Wegelein!
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Nach dem Applaus für den Film gab es im Anschluss eine Podiumsdiskussion mit Daniel Kunle, dem Grünen Abgeordneten und wirtschaftspolitischen Sprecher seiner Fraktion Klaus Möhle, Frank Schlegelmilch vom Stadtplanungsbüro BPW Baumgart+Partner und der Zwischennutzungsagentur Landlotsen und mit dem Künstler Stefan Jeep vom Verein 23 aus dem Künstlerhaus Güterabfertigung. Wenn auch die Zustimmung zu Zwischennutzungen und zur Freigabe von Brachen als „Probierräumen“ generell bei allen Podiumsvertretern deutlich hervortrat, so gab es doch interessante Einblicke von den verschiedenen Positionen zu gewinnen, von denen aus die Diskutanten das Thema betrachten. Unter reger Beteiligung des Publikums endete die Diskussion dann nach und nach gegen 23:30Uhr.
foto: occam
Wie auch am Vortag begrüßte uns Regenwetter in den neuen Tag und so viel es nur wenigen leicht, schon zum Flohmarkt AUFkauf am Nachmittag auf die Brache zu kommen. Um so voller wurde es dann am Abend und in der Nacht. Über 50 ZuschauerInnen folgten den angekündigten Konzerten von the canoe man, Annalena Bludau und Bassi Bueller, sowie den spontan angetretenen Flow Job. Im Gefolge der Musik entstand eine angenehme Atmosphäre unter den BesucherInnen, so dass viele auch bis nach Ende der Konzerte um ca. 1Uhr noch weiter auf der Brache verweilten.
foto: occam
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Lanzarote from Albrecht Genzel on Vimeo.
Eine Installation von Gertrud Schleising im Rahmen des AufAuf (www.aufauf.blogger.de) im Sommer 2009. Die Reiseleiterin wird am 11.07.2009 um 19Uhr und am 17.07.2009 um 19Uhr am Turm des AufAuf Ihre jeweilige Führung nach Lanzarote beginnen.Ein Film von Gertrud Schleising und Albrecht Genzel.
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FILM & KONZERT
Auf auf ins Neuland
Für viele Menschen in der Stadt, die nicht so sehr auf klandestine Krachkonzerte in postindustrieller Architektur abonniert sind, ist schon der alte Güterbahnhof ein weißer Fleck auf der Landkarte.
Was dahinter kommt, wissen wohl noch weniger Menschen. Städteplaner und Immobilienmakler hingegen interessieren sich sehr für derlei Brachflächen. Das Projekt „AufAuf“ will zumindest vorübergehend ganz praktisch darauf hinweisen, dass solche Flächen nicht automatisch für Hotels, Bürogebäude oder Einkaufszentren herhalten müssen, sondern auch noch andere Arten der Nutzung vorstellbar sind.
Im Rahmen von „AufAuf“ findet am Freitag hinter dem Künstlerhaus Güterabfertigung eine Vorführung von „Neuland“ statt, einem Dokumentarfilm von Daniel Kunle und Holger Lauinger, der den Strukturwandel in Ostdeutschland an ausgewählten Beispielen
untersucht.
Am Samstag findet ab 14 Uhr ein „Aufkauf“
(möglicherweise ein Flohmarkt) statt, ab 19Uhr gibt es „Urlaub auf Lanzarote“ mit Reiseleiterin und ab 21
Uhr spielen Annalena Bludau (Foto), Bassi Bueller,
„The Canoe Man“ und andere vorwiegend folkige Musik. ASL
Freitag ab 21 Uhr, Samstag ab 14
Uhr, hinter der Güterabfertigung
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